Alleine lebt es sich besser zusammen

Alleine lebt es sich besser zusammen

28.08.2012 – Das Schweizer Bundesamt für Statistik verzeichnet einen Nachlass der Familienhaushalte, während die Einpersonenhaushalte stark zunehmen. Die Schweiz als Singlegesellschaft zu bezeichnen wäre allerdings zu endgültig. Vielmehr scheint sich der Trend des „getrennt Zusammenlebens“ zu etablieren.

Laut dem Bundesamt für Statistik hat sich die Quote der Einpersonenhaushalte in der Schweiz im Zeitraum von 1930 bis 2000 von 8% auf 35% nahezu vervierfacht. Bei Familienhaushalten sank der Anteil von 85% auf 62%. Die naheliegende Frage lautet: Könnte dies ein Nachlass der Paare und ein Anstieg der Singles bedeuten?

Die Partnervermittlung eDarling ging dieser Theorie auf den Grund, doch Beziehungsexpertin Dr. Wiebke Neberich warnt vor voreiligen Schlüssen. „Eine steigende Quote der Einpersonenhaushalte ist nicht gleichzusetzten mit einer steigenden Anzahl an Singles. Genauso bedeuten weniger Familienhaushalte auch nicht im gleichen Ausmass weniger Familien.“

Wir betrachten hier nicht das Phänomen einer wachsenden Singlegesellschaft, sondern das einer mobileren und flexibleren Gesellschaft mit starker Tendenz hin zur Individualisierung. Heutzutage ist es nicht mehr untypisch, dass sich Paare entscheiden getrennt zu leben und dies trotz funktionierender Beziehung. Eine zunehmend tolerante Gesellschaft sowie neue Kommunikationsmedien schaffen bessere Bedingungen für unkonventionelle Beziehungen auf Distanz. Getrennt lebende Paare, sei es in Fernbeziehungen oder mit zwei Wohnungen in der gleichen Stadt (Living apart together, kurz LAT genannt), werden von der Statistik nicht als Familienhaushalte, sondern als Einpersonenhaushalte erfasst. Dadurch entsteht leicht der falsche Eindruck eines wachsenden Singleanteils.

Entwicklung der Privathaushalte in der Schweiz

Eine LAT-Beziehung führte wohl Mitte des letzten Jahrhunderts noch zu einem sozialen Aufschrei und dennoch wurde das Konzept schon damals vom französischen Philosophen Jean Paul Sartre und der Schriftstellerin Simone de Beauvoir vorgelebt. Heute haben zahlreiche Persönlichkeiten diesen Trend aufgegriffen. Dass das Alleinleben nicht das Ende oder ein Anzeichen einer zerfallenden Beziehung ist, zeigen auch Regisseur Tim Burton und seine Frau, die Schauspielerin Helena Boham Carter. Nach 27 Jahren Ehe und zwei Kindern, lebt das Künstlerpaar in zwei getrennten, wenn auch nebeneinanderliegenden, Häusern in London.

Neberich erklärt: „Der Wunsch nach getrennten Wohnungen ist kein Indikator einer schwachen Liebe oder fehlender Anziehungskraft. Jeder Mensch ist anders. So brauchen zum Beispiel manche Paare mehr Freiraum, um sich selbst zu verwirklichen. Die Zeit, die man dann mit dem Partner verbringt, ist dadurch nicht weniger wertvoll. Ganz im Gegenteil, es kann vorkommen, dass die gemeinsame Zeit viel intensiver gelebt und geschätzt wird.“