Aus zwei mach viele: das Phänomen Patchwork-Familie

Phänomen Patchwork-Familie

In Europa gibt es immer mehr Patchwork-Familien. Lesen Sie hier über Entstehung und Hintergründe dieses gesellschaftlichen Trends.

Was bedeutet „Patchwork“?

Der Begriff „Patchwork“ stammt ursprünglich aus der Textil-Branche. Als „Patchwork“ werden Arbeiten bezeichnet, bei denen einzelne Stoffteile zu einem großen zusammengehörigen Werk aneinander genäht werden. Ein bekanntes Beispiel ist die Patchwork-Decke.

Bei Patchwork-Familien ist das Prinzip sehr ähnlich: Eine aufgrund von Trennung, Scheidung oder Todesfall vom klassischen Mutter-Vater-Kinder-Familienmodell abweichende Familie findet sich über die jeweiligen Elternteile mit einer gleichgesinnten Familie zu einer größeren Patchwork-Familie zusammen.

Das Prinzip der aus zwei Familien neu zusammengefügten Einheit ist – im Gegensatz zur Bezeichnung Patchwork-Familie – schon sehr alt. Gesellschaftlich akzeptiert ist das Modell allerdings erst seit einigen Jahrzehnten. Noch vor 100 Jahren wäre ein Zusammenschluss von zwei Familien nur bei Verwitwung der Elternteile denkbar gewesen.

Insbesondere durch den Einfluss der Medien halten auch heute noch viele das klassische Familienmodell für das einzig erstrebenswerte Ideal. Dem zum Trotz nimmt die Menge der Patchwork-Familien in Europa immer mehr zu, denn die persönlichen Werte sind von Generation zu Generation im Wandel und eine Scheidung oder Trennung der Eltern wird zunehmend als beste Lösung für die Familie akzeptiert.

Viele alleinerziehende Elternteile leben mit der Schwierigkeit, in der knapp bemessenen Zeit, die ihnen für sich selbst bleibt, einen neuen Partner kennenzulernen. Findet sich dann doch jemand, mit dem eine dauerhafte, feste Partnerschaft vorstellbar ist und der vielleicht auch Kinder mit in die Beziehung bringt, ist das die Geburt einer neuen Patchwork-Familie.

Fünf Tipps für die funktionierende Patchwork-Familie

Zählt auch Ihre Familie zur Sparte „Patchwork“? Dann finden Sie hier einige Ratschläge für das erfolgreiche Zusammenleben.

❶ Konzentrieren Sie sich auf die Gegenwart

Lassen Sie sich auf jeden Fall voll auf Ihre neue Beziehung ein. Das bedeutet, dass Sie sich emotional ganz von Ihrer vergangenen Beziehung loslösen müssen. Trauer- und Zorngefühle sind während der Trennungszeit notwendig. Danach sollten Sie sich bemühen, ein neutrales Verhältnis zu Ihrem ehemaligen Partner zu schaffen. Das ist vor allem wichtig, wenn Kinder im Spiel sind. Merken Ihre Kinder, dass Sie trotz der Liebe zu Ihrem neuen Partner ein respektvolles Verhältnis zum anderen Elternteil pflegen, werden sie sich besser an die neue Situation gewöhnen.

❷ Denken Sie realistisch

Zu Beginn einer neuen Partnerschaft sehen wir oft nur das Gute beim neuen Partner und sind schließlich überfordert, wenn Problemsituationen auftauchen. Gerade in Patchwork-Familien sind die Ansprüche an die Beziehung sehr hoch, denn schließlich geht es nicht nur um das harmonische Miteinander zwischen Ihnen und Ihrem Partner, sondern um das Funktionieren einer ganzen Familienkonstellation. Seien Sie daher von vornherein auf Schwierigkeiten eingestellt und bemühen Sie sich, diese mit viel Geduld gemeinsam zu bewältigen.

❸ Beziehen Sie Ihre Kinder mit ein

Ein neuer Partner tritt oft in eine Situation ein, in der Sie mit Ihren Kindern schon eine Weile allein gelebt haben. In dieser Zeit sind Rituale entstanden, an die sich die gesamte Familie gewöhnt hat. Gerade für Kinder ist es wichtig, dass feste Verhaltensmuster auch mit Eintritt eines neuen Partners in die Familienkonstellation beibehalten werden, um ihnen ein geschütztes Lebensumfeld zu vermitteln.

Unternehmen Sie gerade am Anfang Ihrer neuen Beziehung viel mit dem Partner und der ganzen Familie gemeinsam. So können sich alle Beteiligten in neutraler Atmosphäre gut aneinander gewöhnen.

Beim eventuellen Einzug in eine gemeinsame Wohnung beziehen Sie unbedingt auch Ihre Kinder in die Planung mit ein. Achten Sie darauf, dass jeder seinen festen Platz in der Familie hat und Ihre Kinder keinesfalls das Gefühl haben, von Ihrem neuen Partner oder dessen Kindern verdrängt zu werden.

❹ Wie sich ein neuer Partner richtig verhält

Hauptsächlicher Konfliktpunkt in Patchwork-Familien ist die Kindererziehung. Gerade wenn beide Partner Kinder haben, hat jeder seine eigenen pädagogischen Vorstellungen. Es ist wichtig, dass der neue Partner von den Kindern respektiert wird. Das letzte Wort hat aber immer noch der leibliche Elternteil. Zudem müssen Stiefmutter und Stiefvater die leibliche Mutter oder den leiblichen Vater der Stiefkinder unbedingt akzeptieren und keinesfalls versuchen, deren Autorität zu unterbinden, nur weil sie nicht mit im neuen Familienverbund leben.

❺ Stehen Sie hinter der Familie

Egal, wie schwer es Ihnen die neue Familiensituation manchmal macht: Geben Sie nicht gleich auf! Es gibt keine Familie, in der immer alles harmonisch verläuft. Stehen Sie hinter Ihrer Familie, respektieren Sie verschiedene Interessen und bringen Sie alle an einen Tisch. Auf diese Weise wird es Ihnen gelingen, ein harmonisches Familiengefüge zu schaffen.

Letztendlich ist es wie bei einer Patchwork-Decke: Bestehend aus vielen einzelnen, individuellen Stücken bildet sie ein interessantes, vielseitiges und besonderes Ganzes!

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